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03.08.2017

Keine Rückwirkung einer Strukturprüfung auf das vereinbarte Erlösbudget

Bundesverwaltungsgericht vom 04.05.2017 (3 C 17.15)

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Ist das Erlösbudget in einem Zeitpunkt von einer Schiedsstelle festgelegt worden, in dem bestimmte Abrechnungsvoraussetzungen zwischen den Parteien streitig waren, hat eine solche Entscheidung auch dann Bestand, wenn sich später herausstellt, dass die Abrechnungsvoraussetzungen tatsächlich nicht gegeben waren, z.B. weil das Bundessozialgericht die Abrechnungsvoraussetzungen rechtskräftig verneint. Dies hat das BVerwG in seiner Entscheidung vom 04.05.2017 festgestellt.

Dies gelte nicht nur für Einzelfallprüfungen, sondern ebenso, wenn strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen zwischen den Parteien streitig sind.

Stehe danach im Zeitpunkt der Entscheidung der Schiedsstelle nicht fest, ob die Abrechnungsvoraussetzungen eines OPS-Kodes erfüllt seien, unterliege die Einbeziehung dieser streitigen Leistungen dem Gestaltungsspielraum der Schiedsstelle. Eventuelle Korrekturen einer fehlerhaften Einbeziehung hätten dann über die Erlösausgleiche in den Folgejahren zu erfolgen.

Dies gelte auch dann, wenn das Erlösbudget retrospektiv verhandelt werde, so dass auf die Ist-Leistungen des zu vereinbarenden Jahres abgestellt werde. Seien strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen im Zeitpunkt einer Schiedsstellenvereinbarung streitig und rechtlich unsicher, unterliege es auch insoweit der Schiedsstelle zu entscheiden, ob eine Einbeziehung in das Erlösbudget stattfinde oder nicht. Stehe demgegenüber im Zeitpunkt der Entscheidung fest, dass die Abrechnungsvoraussetzungen nicht vorliegen, könne die Fallpauschale nicht im Budget berücksichtigt werden.

Bewertung

Die Entscheidung ist erfreulich, weil sie klarstellt, dass den derzeit so beliebten Strukturprüfungen auf der Budgetebene nur eine eingeschränkte Rolle zukommt. Das BVerwG trennt strikt die Ebenen der Aufstellung des Erlösbudgets und der Abrechnung der im Vereinbarungszeitraum tatsächlich erbrachten Leistungen. Nur wenn im Zeitpunkt der Entgeltverhandlung oder Entscheidung der Schiedsstelle feststeht, dass strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, dürfen diese Leistungen nicht einbezogen werden. Ist die Auslegung eines konkreten Strukturmerkmals – wie oft – zwischen den Parteien streitig, bleibt die Entscheidung damit auch dann der Schiedsstelle überlassen, wenn die Kostenträger ein negatives MDK-Gutachten vorweisen können, dass die Abrechenbarkeit verneint. Dies jedenfalls dann, wenn die fehlende Abrechenbarkeit aus Sicht der Schiedsstelle trotz des Gutachtens fraglich bleibt bzw. kein evidenter Abrechnungsmangel vorliegt.

Empfehlung

Erwartet werden kann vor diesem Hintergrund, dass die Anzahl von Strukturprüfungen vor Entgeltverhandlungen noch weiter zunehmen wird, da die Kassen möglichst zu dem Ergebnis eines feststehenden fehlenden Strukturmerkmals gelangen wollen.

Ziel für die Häuser muss es daher sein, gerade die Streitigkeit der Abrechnungsvoraussetzung hervorzuheben. Bei unterschiedlicher Auffassung z.B. über die Interpretation von OPS Mindestmerkmalen nach erfolgter (negativer) Strukturprüfung, empfiehlt es sich daher, die gegenteilige Auffassung zeitnah gegenüber den Kostenträgern zu dokumentieren, um bei der Entgeltverhandlung darlegen zu können, dass die Abrechnungsvoraussetzungen trotz negativer Strukturprüfung streitig sind und damit dem Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien (und ggf. der Schiedsstelle) unterliegen.

Dr. Katja Endemann, Rechtsanwältin, Partnerin

Telefon: +49 89 2000 568 20
katja.endemann@es-law.de

Katharina Hampp, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht

Telefon: +49.89.2000 568 15
katharina.hampp@es-law.de

Bundesverwaltungsgericht vom 04.05.2017 (3 C 17.15)

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