29.02.2024

Einsatz von ChatGPT im Betrieb

Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht, wenn Arbeitgeber ChatGPT erlaubt

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Hintergrund

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Von nichts weniger als eine neue industrielle Revolution ist die Rede. Es gibt unbestreitbar große Chancen. Es gibt unbestreitbar aber auch Gefahren, und damit bei einigen Ängste.

Seit 1972 besteht ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG über die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen. Auf den Zweck kommt es nicht an, sondern allein auf die objektive Möglichkeit der Überwachung.

Sachverhalt und Entscheidung

Das Arbeitsgericht Hamburg hatte im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren darüber zu entscheiden, ob beim Einsatz von ChatGPT ein Mitbestimmungsrecht besteht. In seiner Entscheidung vom 16.01.2024 (Az 24 BVGa 1/14) lehnte das Arbeitsgericht dies ab.

Der Arbeitgeber, ein global agierender Medizintechnikhersteller, erlaubte seinen Beschäftigten, ChatGPT zu verwenden. Er wies an, das Arbeitsergebnis entsprechend zu kennzeichnen, wenn ChatGPT oder andere künstliche Intelligenz verwendet worden ist. Der Arbeitgeber stellte keinen Zugang zu ChatGPT zur Verfügung oder installierte das Programm auf seinen Server, sondern die Beschäftigten mussten sich mit ihrem privaten Account anmelden, sofern sie die Dienste nutzen wollten. Es gab ausdrücklich keine Nutzungspflicht und auch keine Erstattung von etwaigen entstandenen Kosten.

Der Konzernbetriebsrat beantragte im Rahmen einer einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Nutzung von ChatGPT. Vergleichbare Programme sollten gesperrt werden (so wie vor dieser Weisung die Nutzung von privaten E-Mail-Accounts gesperrt war).

Nahezu schulbuchartig prüft das Arbeitsgericht die in Frage kommenden Mitbestimmungsrecht durch.

§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist nicht einschlägig, weil hier das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betroffen ist, und nicht die Ordnung im Betrieb. Der Arbeitgeber hat lediglich Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt und verlangt einen Hinweis, wenn diese genutzt wurden.

Auch § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist nicht einschlägig. Denn der Arbeitgeber hat keinerlei Zugriff auf die Daten, die ChatGPT erhebt, Zudem nutzt der Arbeitnehmer seine eigenen privaten Account, so dass auch hier der Arbeitgeber keinen Zugriff auf Daten hat.

Den vom Betriebsrat ins Feld geführten Gesundheitsschutz gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bezeichnete das Arbeitsgericht als nicht ersichtlich und beendete die Prüfung.

Bewertung

Es handelt sich, soweit ersichtlich, um die erste arbeitsgerichtliche Entscheidung im Kontext der künstlichen Intelligenz. Die Entscheidung zeigt, wie umfassend Sachverhalte mit bestehenden Regelungen bewertet werden können, ohne dass es eine Gesetzesänderung geben muss. Für die fortschreitende technische Entwicklung scheint das Betriebsverfassungsgesetz gerüstet zu sein.

  • Dr. Konrad Maria Weber
    Rechtsanwalt, Partner T +49.89.2000 568 60 / +49.40.539 323 180
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