23.11.2023

Keine Prognose rückwärts
– Neues zum Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG) –

Bereits am 17.05.2023 erregte das Bundessozialgericht mit einer Entscheidung in einem v. a. von Rehabilitationseinrichtungen viel beachteten Bereich Aufsehen: Dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG). Nun hat das Gericht die mit Spannung erwarteten Entscheidungsgründe nachgeschoben.

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Die Parteien – der klagende Leistungserbringer und der beklagte Leistungsträger – stritten zuletzt vor dem BSG (Az. B 8 SO 6/22) über die Höhe zu bewilligender Zuschüsse nach dem Sozialdienstleister-Einsatzgesetz (SodEG), nach dem zum Ausgleich von coronabedingten Einbußen Zahlungen an soziale Dienstleister gewährt wurden.

Sachverhalt

Mit Bescheid vom 12.11.2020 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zuschusszeitraum Juni 2020 bis Juli 2020 monatliche Zuschüsse nach dem SodEG.

Diesen monatlichen Zuschüssen legte der Beklagte 75 Prozent der durchschnittlich vor der Pandemie monatlich von dem Beklagten an den Kläger geleisteten Vergütungen zugrunde. Davon zog der Beklagte die im Zuschusszeitraum tatsächlich bereits gezahlten Zahlungen (vorrangige Mittel) ab.

Der Kläger war jedoch der Ansicht, dass bei der Berechnung der Zuschüsse jeweils der volle, sprich 100-prozentige monatliche Durchschnitt heranzuziehen sei. Anders als die Vorinstanzen (SG Darmstadt und LSG Hessen) gab das BSG nun dem Kläger Recht.

Problemstellung

Nach der Vorstellung des Gesetzgebers ist die Höhe des monatlichen Zuschusses auf 75 Prozent des Monatsdurchschnitts der im Vorjahr der Pandemie erhaltenen Vergütungszahlungen beschränkt, vgl. § 3 Satz 5 SodEG.

Der Gesetzgeber geht dabei im Wege einer Prognose davon aus, dass 25 Prozent des Monatsdurchschnitts (z.B. durch entsprechende Kostensenkungen) anderweitig gesichert werden können.

Entscheidung des BSG v. 17.05.2023

Das BSG hat nunmehr entschieden, dass im Falle der Bewilligung von Zuschüssen für bereits abgelaufene Zeiträume die Zuschüsse auf Grundlage des ungekürzten Monatsdurchschnitts zu berechnen sind.

Nach Ansicht des BSG entfällt für bereits zurückliegende Zuschusszeiträume die Grundlage der vom Gesetzgeber ex-ante vorgenommenen Prognose in § 3 Satz 5 SodEG.

Vielmehr kann ex-post festgestellt werden, durch welche tatsächlich zugeflossenen vorrangigen Mittel der Betrieb des Leistungserbringers sichergestellt werden konnte.

Für die nachträgliche Bestimmung der Zuschusshöhe stellt daher der volle Monatsdurchschnitt die maßgebliche Grundlage dar.

Übertragbarkeit auf Erstattungsverfahren

Diese Entscheidung wird bei konsequenter Anwendung ebenso auf das Erstattungsverfahren nach § 4 SodEG zu übertragen sein, mit dem sich einige Rehabilitationseinrichtungen derzeit konfrontiert sehen. Dies würde zu deutlich geringeren Rückforderungen gegenüber den Einrichtungen führen. Es bleibt derzeit allerdings noch abzuwarten, wie sich die Leistungsträger hierzu positionieren und wie sie das Urteil des BSG umsetzen werden.