19.04.2016
Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen tritt in Kraft – Änderungen „in letzter Minute“
Niedergelassene Vertragsärzte, die sich bestechen lassen, müssen künftig mit empfindlichen Strafen rechnen
Nach einem jahrelangen Gesetzgebungsprozess wurde am 14.04.2016 das Gesetz gegen Korruption im Gesundheitswesen verabschiedet. Die Formulierung des Gesetzes hat sich im Laufe der Beratungen im Bundestag nochmals erheblich geändert.
Unlautere Bevorzugung
Strafbar ist zukünftig (nur), dass der Heilberufler bei seinen Verordnungen Leistungserbringer „unlauter bevorzugt“, also gegen Wettbewerbsregeln verstößt.
Dabei gibt es drei Arten der Bevorzugung:
- bei der Verordnung von Arzneimitteln, Medizinprodukten usw.;
- beim Bezug solcher Produkte zur unmittelbaren Anwendung durch den Heilberufler;
- bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial.
Nicht strafbar soll hingegen die Annahme von Rabatten und sonstigen Vorteile sein, wenn diese an den Patienten oder den Kostenträger weitergeleitet werden.
Bewertung: Die Beschränkung des Tatbestandes ist nachvollziehbar, da Verstöße gegen Preis- und Rabattvorschriften kein korruptionsspezifisches Unrecht darstellen und wie bisher als Ordnungswidrigkeiten nach dem Heilmittelwerbegesetz oder über das Gesetz über das Apothekenwesen geahndet werden können.
Es stellt sich allerdings die Frage, ob Rabatte stets in dem Umfang weitergegeben werden können, wie sich der Gesetzgeber dies vorstellt. Außerdem könnten Ärzte ihre Entscheidungen für den Bezug von Arznei- oder Hilfsmitteln von Kosteneinsparungen der Krankenkassen abhängig machen.
Berufsrechtliche Pflichtverletzung
Die in der ursprünglichen Fassung des Gesetzentwurfs vorgesehene Tatbestandsvariante der Verletzung berufsrechtlicher Pflichten wurde gestrichen. Dies um Bedenken in Hinblick auf die Unbestimmtheit und Uneinheitlichkeit der Landesberufsordnungen Rechnung zu tragen. Korruptionsfälle seien aufgrund der weiten Auslegung des Wettbewerbsbegriffs ohnehin weitestgehend vom Schutz des lauteren Wettbewerbs umfasst.
Bewertung: Die Begrenzung der Strafbarkeit trägt zur Rechtssicherheit bei, insbesondere ist die Streichung der Tatbestandsalternative „Verletzung berufsrechtlicher Pflichten“ zu begrüßen.
Offizialdelikt
Die neu eingeführten Straftatbestände wurden nunmehr als Offizialdelikt ausgestaltet, d. h. die Staatsanwaltschaft muss von sich aus ermitteln, auch wenn kein Strafantrag vorliegt.
Bewertung: Durch die Ausgestaltung als Offizialdelikt fällt die besondere Antragsbefugnis der Krankenkassen weg. Dies ist in der Praxis allerdings weniger relevant, da die Krankenkassen die Staatsanwaltschaft auch bei der Ausgestaltung als Offizialdelikt über mögliche Korruptionen informieren kann. Insgesamt bedeutet diese Regelung eine erhebliche Ausweitung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden, der Anwendungsbereich des Gesetzes in der Praxis wird damit erweitert.
Dr. Harald Endemann, Rechtsanwalt, Partner
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Diana Ferri, LL.M. (King’s College London), Rechtsanwältin
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