31.03.2016

BGH zum Defizitausgleich öffentlicher Krankenhäuser

Kommunale Zuschüsse an Kliniken sind grundsätzlich zulässig, sofern im jeweiligen Betrauungsakt die Vorgaben der EU, insbesondere an die Transparenz, eingehalten werden

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Der Bundesgerichtshof (BGH) konkretisiert in seiner Entscheidung vom 24.03.2016 die Voraussetzungen für Zuschüsse an defizitäre Kreiskliniken (I ZR 263/14). Bisher liegt nur die Pressemitteilung vor, die begründete Entscheidung steht noch aus.

Hintergrund der Entscheidung

Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) hatte beantragt, dem Landkreis Calw zu untersagen, die finanziellen Defizite der Kreiskliniken Calw auszugleichen.

Kern des Streits war, ob der Landkreis seine Kreiskliniken in einer Art und Weise mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) betraut hat, die den EU-beihilferechtlichen Vorgaben genügt und damit von der Notifizierung befreit ist.

Das EU-Beihilferecht sieht vor, dass staatliche Zuschüsse vorab der EU-Kommission angezeigt werden müssen (sog. Notifizierungspflicht). Die Kommission entscheidet dann, ob die Beihilfe zulässig ist oder nicht. Wurde ein Unternehmen ordnungsgemäß mit der Erbringung von DAWI betraut, greift eine Befreiung von dieser Notifizierungspflicht.

Der Landkreis Calw hatte die Kliniken im Jahr 2008 und neu Ende 2013 mit der Erbringung von DAWI betraut.

Inhalt der Entscheidung

Der BGH stellte zunächst fest, dass es sich bei den medizinischen Versorgungsleistungen der Krankenhäuser um DAWI handele, dies ergebe sich bereits aus der Aufnahme in den Krankenhausplan.

Weiter unterschied der BGH zwischen den beiden Betrauungsakten aus den Jahren 2008 und 2013. Während der Betrauungsakt 2013 den Transparenzanforderungen des Freistellungsbeschlusses (2012/21/EU) genüge, sei dies für den Betrauungsakt 2008 im Hinblick auf die damals geltende Freistellungsentscheidung (2005/842/EG) zu verneinen.

Nach den Vorgaben der Kommission sei im Betrauungsakt vorab konkret festzulegen, für welche DAWI ein Kostenausgleich anhand welcher Parameter erfolgen soll. Dies sei im Betrauungsakt 2008 nur unzureichend ausgewiesen worden. Entsprechend wurde die Sache insoweit an das Berufungsgereicht zurückverwiesen. Dieses muss nunmehr prüfen, ob es sich bei den Zuschüssen des Landkreis Calw an seine Kreiskliniken um staatliche Beihilfen handelt.

Bewertung und Empfehlung

Die BGH-Entscheidung führt dazu, dass die Anforderungen der Freistellungsentscheidung / des Freistellungsbeschlusses nicht zu bloßen Ordnungsvorschriften degradiert werden. Zwingender Inhalt eines wirksamen Betrauungsaktes ist danach unter anderem:

  • Gegenstand und Dauer der Verpflichtung zur Erbringung von DAWI,
  • Parameter für die Berechnung, Überwachung und Änderung der Ausgleichsleistungen,
  • Maßnahmen zur Vermeidung und Rückforderung einer etwaigen Überkompensation, und
  • Verweis auf den Freistellungsbeschluss.
  • Kommunale Krankenhausträger sollten ihre Betrauungsakte unbedingt auf die Einhaltung der vom BGH nun bestätigten Transparenzvoraussetzungen überprüfen.

Kommunale Krankenhausträger sollten ihre Betrauungsakte unbedingt auf die Einhaltung der vom BGH nun bestätigten Transparenzvoraussetzungen überprüfen.

Dr. Katja Endemann, Rechtsanwältin, Partnerin

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Diana Ferri, LL.M. (King’s College London), Rechtsanwältin

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