News

17.08.2017

Mit Hilfe des Betriebsrates eine zweite Kündigung möglich

Nach einer neuen Entscheidung des BAG ist geklärt, dass bei einem Entlassungsbegehr des Betriebsrates die Kündigungsgründe nicht nach KSchG geprüft werden

PDF

Sachverhalt

Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Mitarbeitern. Der Arbeitgeber kündigte nicht, weil aus seiner Sicht kein Kündigungsgrund nach KSchG vorliegt.

Der Betriebsrat begehrte nach § 104 BetrVG die Entlassung der Mitarbeiterin. Im sich anschließenden arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren wurde dem Arbeitgeber aufgetragen, die Mitarbeiterin zu entlassen.

Der Arbeitgeber kam dem nach und kündigte außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich. Im sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren entschied das BAG mit Urteil vom 28.03.2017 (Az 2 AZR 551/16), dessen Begründung erst jetzt vorliegt, dass die ordentliche Kündigung wirksam ist. Auf das Vorliegen von Kündigungsgründen im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes komme es nicht an, entscheidend sei das Entlassungsbegehr des Betriebsrates.

Rechtlicher Kontext

Das Kündigungsschutzgesetz setzt hohe Hürden zum Ausspruch einer Kündigung. Bei etwaigen verhaltensbedingten Kündigungsgründen bedarf es in der Regel mehrere vorheriger Abmahnungen. Und zudem muss sich die Kündigung als das letztmögliche Mittel (ultimo-ratio) erweisen.

Nach § 104 BetrVG dagegen kann der Betriebsrat die Entlassung oder Versetzung eines Mitarbeiters fordern, wenn ein Mitarbeiter durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der im BetrVG enthaltenen Diskriminierungsverbote den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört hat.

Entscheidung

Das BAG stellte klar, dass Entlassung im Sinne von § 104 BetrVG Kündigung meint. Ferner berechtigt ein solches Entlassbegehr des Betriebsrates nicht zu einer außerordentlichen Kündigung. Sollte der Arbeitgeber eine solche aussprechen wollen, müssen entsprechende Kündigungsgründe vorliegen. Für eine ordentliche Kündigung dagegen kommt es auf das Vorliegen von Kündigungsgründen nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht weiter an. Entscheidend ist, dass der Betriebsrat – zur Recht – die Entlassung des Mitarbeiters nach § 104 BetrVG fordert. Liegt bereits ein entsprechender arbeitsgerichtlicher Beschluss vor, wird dies im Kündigungsschutzverfahren nicht weiter geprüft.

Bewertung und Optionen

Die Entscheidung gibt dem Arbeitgeber mehr Möglichkeiten, allseits unliebsame Mitarbeiter loszuwerden. Sollte es für eine „klassische“ Kündigung nicht reichen, kann – in einer unabdingbaren Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat – der Weg über § 104 BetrVG angedacht werden.

Typischerweise ist ein Betriebsrat eher gegen eine Kündigung. Bei manchen Mitarbeitern aber, und genau bei diesen liegen Kündigungsgründe nach dem KSchG oftmals nicht vor, sind sich alle einig, dass eine Beendigung der Zusammenarbeit zum Wohle aller unausweichlich ist.

Bei einer solchen Konstellation, wenn auch der Betriebsrat die Entscheidung mitträgt, ergeben sich durch die Entscheidung des BAG mehr Möglichkeiten zur gewünschten Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

  • Dr. Konrad Maria Weber
    Rechtsanwalt, Partner T +49.89.2000 568 60 / +49.40.539 323 180
    konrad.weber@es-law.de

Nach einer neuen Entscheidung des BAG ist geklärt, dass bei einem Entlassungsbegehr des Betriebsrates die Kündigungsgründe nicht nach KSchG geprüft werden

PDF
  • Dr. Konrad Maria Weber
    Rechtsanwalt, Partner T +49.89.2000 568 60 / +49.40.539 323 180
    konrad.weber@es-law.de