Bei dynamischen Bezugnahmeklauseln kündigt sich Rechtsprechungsänderung an
Rechtsprechung des BAG – Dynamische Bezugnahme
Bislang geht das BAG davon aus, dass bei arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, die auf Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fas-sung Bezug nehmen (sogenannte dynami-sche Bezugnahmeklauseln) der Tarifvertrag auch nach einem Betriebsübergang dyna-misch fortgilt. Arbeitnehmer, deren Arbeits-vertrag eine dynamische Bezugnahmeklausel enthalten, haben daher auch nach einem Betriebsübergang Anspruch auf Tariflohner-höhungen.
Vorlage zum EuGH / Empfehlungen des Generalanwalts
Das BAG will geklärt wissen, ob dieser Aus-legung unionsrechtliche Vorschriften entge-genstehen und hat diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (C-680/15).
In seinen Schlussanträgen vom 19.01.2017 vertritt der Generalanwalt die Einschätzung, dass eine dynamische Weitergeltung mit EU-Recht nicht vereinbar ist, wenn ein Betriebs-erwerber nicht die Möglichkeit hat, an Ver-handlungen zu einem nach dem Übergang abgeschlossenen Tarifvertrag teilzunehmen. In diesem Fall könne der in Bezug genom-mene Tarifvertrag nur statisch fortgelten.
Zu erwartende Entscheidung – statische Bezugnahme
Auch wenn eine Entscheidung des EuGH noch aussteht, ist damit zu rechnen, dass der EuGH der dynamischen Weitergeltung eine Absage erteilt. Denn eine entsprechen-de Sichtweise des EuGH hatte sich bereits in der „Alemo-Herron“-Entscheidung vom 18.07.2013 (Rs C-426/11) sowie der „Wer-hof“-Entscheidung vom 09.03.2006 (C-499/04) angedeutet. Zudem folgen die EuGH-Richter in den meisten Fällen den Empfehlungen des Generalanwalts.
In Folge einer entsprechenden Entscheidung des EuGH wird das BAG seine Einschätzung revidieren und der europäischen Rechtspre-chung anpassen müssen.
Wenn der EuGH und ihm folgend das BAG wie erwartet entscheiden, gelten dynamische Bezugnahmeklauseln nach einem Betriebs-übergang in der Regel nur noch statisch weiter, wenn der Erwerber keine Möglichkeit hatte, auf den Tarifvertrag Einfluss zu neh-men. Die Arbeitnehmer hätten in diesem Fall insbesondere keinen Anspruch mehr auf etwaige Tariflohnerhöhungen.
Empfehlung
Betroffene Unternehmen sollten nicht nur die Entwicklung im Auge behalten, sondern auch die konkrete Rechtslage prüfen lassen – hier liegt jeder Fall anders. Um bei Verkündung der Entscheidung schnell handeln zu kön-nen, sollten sie zudem die nächsten Monate nutzen, eine Strategie zu erarbeiten. Außer-dem könnten sie erwägen, etwaig anstehen-de Tariferhöhungen nur unter Vorbehalt aus-zubezahlen, um sich alle Optionen offen zu halten.
Katrin Rupf, Rechtsanwältin
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