09.09.2025
Das BSG festigt Rechtsprechung zur Abgrenzung von stationärer und ambulanter Behandlung
Bereits ein Krankenhausaufenthalt von wenigen Stunden kann als stationäre Behandlung eingestuft werden. Es kann genügen, wenn die besonderen Mittel des Krankenhauses vorgehalten werden.
Kurzer Krankenhausaufenthalt bei äußerer Wendung (BSG, Urt. v. 20.03.2024 – B 1 KR 37/22)
Ein Klinikum führte bei einer Schwangeren erfolgreich eine äußere Wendung bei Beckenendlage des Fötus durch, um es in eine günstigere Geburtsposition zu bringen. Nach Überwachung wurde die Schwangere nach vier Stunden entlassen. Das Klinikum verlangt von der gesetzlichen Versicherung der schwangeren Patientin eine Vergütung für eine vollstationäre Behandlung.
Vorhalten von Mitteln des Krankenhauses
Das BSG entschied, dass eine stationäre Behandlung der Schwangeren erfolgte. In Anknüpfung an das „Stroke Unit“-Urteil des BSG (Urt. v. 29.08.2023-B 1 KR 11/20 R) komme es in Abgrenzung zu einer ambulanten Behandlung darauf an, wie intensiv ein Patient die besonderen Mittel des Krankenhauses in Anspruch nimmt bzw. nach dem zum Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidung aufgestellten Behandlungsplan nehmen soll. Isoliert betrachtet sei dies bei den vorgehaltenen Mitteln für eine äußere Wendung nicht unbedingt der Fall – ein CT-Gerät sei auch im ambulanten Bereich verfügbar. Allerdings sei entscheidend, dass der Behandlungsplan vorsehe, dass es durch die Maßnahme zu schweren Komplikationen (u.a. Herzstillstand Kind), kommen könne, welche eine sofortige intensivmedizinische Versorgung (Not-Sectio) notwendig machen würde. Es genüge, dass diese Mittel im Hintergrund vorgehalten werden – auf einen konkreten Einsatz komme es nicht an.
Das BSG konkretisiert demnach seine Rechtsprechung: Eine intensive Inanspruchnahme von Mitteln des Krankenhauses kann bereits vorliegen, wenn das Krankenhaus zum Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidung im Behandlungsplan vorsieht, diese exklusiv für den Patienten vorzuhalten.
Abgrenzung teil- und vollstationär
Nicht entscheiden konnte das BSG, ob eine voll- oder teilstationäre Behandlung vorlag, da hierzu die Feststellungen der Vorinstanz nicht reichten. Die Abgrenzung zwischen den beiden Versorgungsformen erfolge grundsätzlich anhand der zeitlichen Behandlungsprognose zum Zeitpunkt der Aufnahmeentscheidung. Eine vollstationäre Behandlung liege erst vor, wenn der Behandlungsplan einen Aufenthalt über Nacht vorsehe. Bleibe ein Patient nicht über Nacht, könne trotzdem eine vollstationäre Versorgung vorliegen, wenn ein intensiver Einsatz von Krankenhausmitteln erforderlich werde. Im Fall der äußeren Wendung soll sich aber laut BSG – im Gegensatz zu einer Behandlung auf der Intensivstation – die sichere Prognose aus dem Behandlungsplan ergeben, dass die Mittel zum Einsatz kommen werden.
Ausblick
Bei einem Aufenthalt von wenigen Stunden ist häufig die Vergütung streitig. Dies spielt auch oft bei Transporten zwischen Krankenhäusern eine Rolle. Ein aktuelles Urteil des SG Dresden v. 05.06.2024- S 45 1581/21 knüpft bezüglich der streitigen Frage der Verbringung/Verlegung an die aufgestellten Grundsätze des BSG an und setzt diese bzgl. einer kurzen und intensiven Notfallbehandlung fort. Es bleibt die Berufungsentscheidung des LSG Chemnitz (Az. L 9 KR 111/24 KH) abzuwarten.
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Sarah Kassen
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