06.11.2025
Kein unbegrenzter digitaler Zugang zum Betrieb
Das BAG schränkt zu weite Forderungen der Gewerkschaft ein
Entscheidung des BAG
Mit Urteil vom 28.01.2025 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az 1 AZR 33/24) über die Anträge einer Gewerkschaft, die betrieblichen E-Mail-Adressen aller Beschäftigten zu erhalten (sowohl die aktuellen als auch künftig der neu eingetretenen) und den Arbeitgeber zu verpflichten, im Intranet Postings der Gewerkschaft zu dulden und insbesondere einen Link zur Homepage der Gewerkschaft anzubringen.
Mit überzeugenden Argumenten wies das BAG, wie auch die Vorinstanzen, die Anträge ab.
Erkenntnisse aus der Entscheidung
Die Entscheidungsgründe sind jetzt erst veröffentlich worden und bringen wichtige Erkenntnisse.
Entgegen so mancher Kommentare lehnt das BAG mit dieser Entscheidung den digitalen Zugang einer Gewerkschaft nicht per se ab. Vielmehr wägt das Gericht die Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz (GG) mit dem Persönlichkeitsschutz der Beschäftigten nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie der negativen Koalitionsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG ab.
Das BAG kommt in der Entscheidung zum Ergebnis, dass die konkret gestellten Anträge (es waren in einer Kaskade von Hilfs- und Eventualanträgen gleich elf in der Anzahl) zu weit gingen.
Die Gewerkschaft kann nicht die Herausgabe der E-Mail-Adressen verlangen, ohne die konkret beabsichtigte Nutzung darzulegen. Ferner kann der Arbeitgeber nicht verpflichtet werden, künftig alle neuen E-Mail-Adressen mitzuteilen. Zudem kann die Gewerkschaft keinen (lesenden) Zugriff auf das Intranet des Arbeitgebers beanspruchen und auch nicht verlangen, dass dort konkrete Postings an bestimmten Plätzen erfolgen.
Umsetzung in der Praxis und Ausblick
Die Entscheidung bietet genügend Ansatzpunkte, konkrete Anfragen der Gewerkschaft zurückzuweisen. Eine pauschale Zurückweisung wäre aber zu einfach (und rechtlich auch nicht korrekt).
Vielmehr sollte anhand den in der Entscheidung zitierten Grundsätzen und Abwägungen konkrete Prüfungen vorgenommen werden und wenn das Begehr der Gewerkschaft (was meist der Fall ist) zu weitgehend ist, unter Berufung auf die grundgesetzliche Abwägung und Herstellung der praktischen Konkordanz abgelehnt werden.
Das erschwert den Zugang erheblich oder gestaltet ihn letztlich so aus, dass er für den Arbeitgeber trotz allem akzeptabel sein dürfte (dann aber erfahrungsgemäß für die Gewerkschaften uninteressant ist).
Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, den digitalen Zugang der Gewerkschaften zu den Betrieben regeln zu wollen. Was hier herauskommen wird, bleibt abzuwarten. Einstweiligen ist die Entscheidung des BAG die Leitlinie.
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Dr. Konrad Maria Weber
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