Arbeitnehmer können von ihrem Arbeitgeber nicht verlangen, dass er eine Kopie ihrer gesam-ten E-Mail-Kommunikation von und über sie zur Verfügung stellt.
Sachverhalt
Seit Inkrafttreten der DSGVO versuchen Arbeitnehmer im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen vermehrt durch Geltendmachung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO Arbeitgeber dazu zu bringen einen Vergleich bzw. eine erhöhte Abfindungszahlung zu erzielen.
Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der während seiner Probezeit vom Arbeitgeber gekündigt wurde. Der Arbeitnehmer verlangte daraufhin nicht nur Auskunft über die vom Arbeitgeber über ihn verarbeiteten personenbezogenen Daten, sondern auch eine Kopie des gesamten E-Mail-Verkehrs von ihm sowie all jener E-Mails, in denen er persönlich erwähnt wurde.
Entscheidung
Die Vorinstanz hatte dem Arbeitnehmer den Anspruch auf Herausgabe der gesamten E-Mail-Korrespondenz nur insoweit zugesprochen, wie es sich um personenbezogene Daten handele, die der Arbeitgeber verarbeitet habe. Dies stehe im Einklang mit dem Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Seine eigene elektronische Korrespondenz mit dem Arbeitgeber müsse ihm hingegen nicht zur Verfügung gestellt werden, denn die kenne er selbst. Wenn der Arbeitnehmer hingegen weitere E-Mails sehen wolle, in denen er lediglich in irgendeiner Weise genannt werde, müsse er sein Verlangen auf bestimmte Dokumente hin konkretisieren.
Dieser Argumentation hat sich das BAG in seinem Urteil vom 27.04.2021 – 2 AZR 342/20 angeschlossen. Der Klageantrag auf Überlassung einer Kopie von E-Mails sei nicht gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt gewesen. Die begehrten E-Mails müssen so genau bezeichnet werden, dass im Vollstreckungsverfahren unzweifelhaft sei, auf welche sich die Verurteilung beziehe.
Das BAG ließ leider offen, ob das Recht auf Überlassung einer Kopie gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO auch die Erteilung eines Duplikats von E-Mails umfasse. Auf jeden Fall müsse ein solcher Anspruch, falls es ihn tatsächlich gebe, entweder mit einem hinreichend bestimmten Klagebegehren oder, sollte dies nicht möglich sein, im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden.
Daran fehle es hier: Würde der Arbeitgeber dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer eine Kopie seines E-Mail-Verkehrs sowie solcher Mitteilungen, die ihn namentlich erwähnen, zu überlassen, bliebe unklar, welche Kopien überlassen werden müssten. „Gegenstand der Verurteilung wäre die Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung im Sinne von § 888 ZPO, für die im Zwangsvollstreckungsrecht nicht vorgesehen ist, dass der Schuldner an Eides statt zu versichern hätte, sie vollständig erbracht zu haben“.
Bewertung
Die Entscheidung des BAG liegt bislang leider nur als Pressemitteilung vor. Die Begründung ist daher mit Spannung zu erwarten.
Auf jeden Fall bedeutet das Urteil eine Einschränkung des seit Inkrafttreten der DSGVO beliebten Druckmittels der Auskunfterteilung nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen zur Erhöhung der Vergleichsbereitschaft bzw. der Abfindungssumme.
Michael Wübbeke, LL.M., Rechtsanwalt
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