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6. April 2017

Auswirkungen des neuen Entgelttransparenzgesetzes

Mehr Gerechtigkeit für Arbeitnehmer? Jedenfalls mehr Aufwand für Arbeitgeber!

Das Entgelttransparenzgesetz

Der Bundestag hat am 30.03.2017 den Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen – Entgelttransparenzgesetz – beschlossen. Das Gesetz soll zu mehr Entgeltgerechtigkeit zwischen Frauen und Männern führen. Es wird voraussichtlich Anfang Juni 2017 in Kraft treten.

Wesentlicher Inhalt des neuen Gesetzes

Das Entgelttransparenzgesetz sieht im Wesentlichen vier zentrale Regelungen vor:

1) Individueller Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer von Unternehmen mit in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmern. Der Anspruch bezieht sich nicht auf das konkrete Entgelt einzelner Arbeitnehmer, sondern auf ein durchschnittliches monatliches Bruttoentgelt von Arbeitnehmern des anderen Geschlechts mit gleichen oder vergleichbaren Tätigkeiten. Zusätzlich kann der Arbeitnehmer Auskunft über bis zu zwei einzelne Entgeltbestandteile verlangen. Dadurch kann er gezielt den Entgeltbestandteil erfragen, bei dem er eine Ungleichbehandlung vermutet. Besteht ein Betriebsrat, müssen sich Arbeitnehmer mit ihrem Verlangen grundsätzlich an diesen wenden, andernfalls direkt an den Arbeitgeber. Die Auskunft ist innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Auskunftsverlangens zu erteilen. Bei Unterlassen der Auskunft kann es zu einer Beweislastumkehr zu Lasten des Arbeitgebers im Falle einer Entgeltgleichheitsklage kommen. Tarifgebundene und tarifanwendende Arbeitgeber sind im Vorteil. Bei ihnen ist es ausreichend, wenn sie die tarifvertraglichen Entgeltregelungen benennen und das Vergleichsentgelt als statistischer Median des Entgelts der Beschäftigten der gleichen Entgeltgruppe des jeweils anderen Geschlechts angeben. Zudem ist die Auskunftserteilung nicht fristgebunden und ein Unterlassen der Auskunft bleibt sanktionslos.

2) Berichtspflicht über die Gleichstellung und Entgeltgleichheit für Unternehmen, die nach dem HGB lageberichtspflichtig sind und in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Der Bericht ist erstmals im Jahr 2018 für das Jahr 2016 dem Lagebericht als Anlage beizufügen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen.

3) Betriebliches Prüfverfahrens für Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. hinsichtlich der Einhaltung von Entgeltregelungen und -bestandteilen, sowie deren Anwendung auf die Einhaltung des Entgeltgleichheitsgebots. Dies erfolgt lediglich auf freiwilliger Basis und wird in der Praxis keine nennenswerte Relevanz haben.

4) Rechtsgrundlage für den Anspruch auf „gleichen Lohn für gleiche bzw. gleichwertige Arbeit“, einschließlich einer gesetzlichen Definition für gleiche und gleichwertige Arbeit, wobei regionale Unterschiede zulässig sein sollen.

Hintergrund

Der Gesetzgeber will durch das Entgelttransparenzgesetz die unmittelbare und mittelbare Entgeltdiskriminierung aufgrund des Geschlechts bekämpfen. Hintergrund des Vorhabens sind Erhebungen des statistischen Bundesamtes, wonach zwischen Frauen und Männern auch bei gleicher formaler Qualifikation ein statistisch nicht erklärbarer Entgeltunterschied von 7% besteht. Dies ist ein klares Indiz für eine Entgeltbenachteiligung von Frauen.

Ausblick

Äußerst fraglich ist, ob dieses neue Gesetz geeignet ist, zur Entgeltgleichheit beizutragen. Derzeit ist eher zu befürchten, dass aufgrund der unklaren Formulierungen und der bereits jetzt kritisierten Vergleichsmethode eine Ungewissheit besteht, welche durch die Rechtsprechung erst einmal beseitigt werden muss. Für Unternehmen mit in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmern bedeutet das Entgelttransparenzgesetz, dass ihnen zusätzliche Auskunfts- und gegebenenfalls Berichtspflichten auferlegt werden, deren Erfüllung unter Umständen zeit- und personalintensiv sein kann.

Michael Wübbeke, LL.M., Rechtsanwalt

Telefon: +49 40 5393 231 80
michael.wuebbeke@es-law.de