Unternehmen ab 50 Beschäftigte sind betroffen, Verstöße bußgeldbewehrt
EU-Richtlinie 2019/1937
Hinweisgeber sollen für eine offene und transparente Gesellschaft besonders wichtig sein. Damit sie den Mut aufbringen, Missstände aufzudecken und dabei vor Repressalien und negativen Konsequenzen geschützt sind, ist am 16.12.2019 die EU-Whistleblowing – Richtlinie in Kraft getreten. Sie formuliert erstmals einen EU-weiten standardisierten Schutz für Hinweisgeber, indem sie gemeinsame Mindeststandards zur Gewährleistung eines wirksamen Hinweisgeberschutzes festlegt. Die Verpflichtung zur Umsetzung steht nun unmittelbar bevor.
Vorgaben der Richtlinie
1. Wer ist betroffen?
Kleine und große Unternehmen ab 50 Beschäftigte, Einrichtungen des öffentlichen Sektors, Behörden sowie Gemeinden ab 10.000 Einwohnern müssen EU-weit künftig sichere interne Meldekanäle für Hinweisgeber bereitstellen.
2. Welche Pflichten bestehen?
Die vom Anwendungsbereich erfassten Organisationen sind zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems für Beschäftigte, Kunden, Lieferanten und sonstige Dritte verpflichtet. Diese Personen sollen Meldungen entweder online über eine Whistleblower-Software, schriftlich über einen Briefkasten oder über den Postweg abgeben können und/oder mündlich per Whistleblower-Hotline oder ein Anruf-beantwortersystem. Bei allen Meldewegen muss die Vertraulichkeit des Whistleblowers geschützt sein.
3. Verbot von Repressalien
Ziel der Richtlinie ist es u.a., dass hinweisgebende Personen weder zivil-, straf- noch verwaltungsrechtlich oder in Bezug auf ihre Beschäftigung haftbar gemacht werden können (Hinweisgeberschutz). Sie sollen umfassend geschützt werden. So kommt ihnen etwa eine Beweislastumkehr im arbeitsgerichtlichen Verfahren zugute: Bei gutgläubiger Meldung eines Verstoßes und einer anschließenden Kündigung muss die Organisation beweisen, dass die Kündigung nicht im Zusammenhang mit der Meldung steht.
4. Bis wann?
Für die Unternehmen ab 250 Mitarbeitern gilt diese Pflicht bereits ab 17.12.2021, für Unternehmen zwischen 50 und 250 Mitarbeitern gibt es eine Übergangsfrist von weiteren zwei Jahren bis zum 17.12.2023.
5. Drohende Sanktionen?
Die Verpflichtungen aus dem zukünftigen Hinweisschutzgesetz stellen bei einem Verstoß eine Ordnungswidrigkeit dar. Es drohen Bußgelder bis EUR 100.000.
Praxishinweis
Eine EU-Richtlinie bedarf erst die Umsetzung ins nationale Recht. Das hierfür vorgesehene „Hinweisgeberschutzgesetz“ wurde in der letzten ordentlichen Sitzungswoche der Legislaturperiode doch nicht beschlossen. Dennoch besteht für die betroffenen Unternehmen Handlungsbedarf. Zum einen ist die Umsetzung in das nationale Recht nur noch eine Frage der Zeit. Zum anderen droht mangels Umsetzung in nationales Recht die direkte Anwendung der Richtlinie.
Dr. Julia Berke, Rechtsanwältin
T +49.89.2000568 90
julia.berke@es-law.de